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#1

Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:18
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Emigrate

ZWIEGESPRÄCH EMIGRATE - RICHARD Z. KRUSPE

FRAGE: „Herr Kruspe, die Musikwelt kennt Sie als Gitarristen von RAMMSTEIN. Sie haben sich in der letzten Zeit mehrfach positiv über die Arbeit Ihres Freundes und Musikerkollegen EMIGRATE geäußert, der gerade mit „Emigrate“ sein erstes Album veröffentlicht. Seit wann kennen Sie sich?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Eigentlich kennen wir uns schon lange, wir kommen ja aus der gleichen Gegend. Wir sind uns früher aber eher flüchtig begegnet. Irgendwann kam er direkt auf mich zu, weil er eigene Ideen hatte und meine Meinung dazu wissen wollte.“

FRAGE: „EMIGRATE, wie ist es zur Begegnung mit RICHARD Z. KRUSPE von RAMMSTEIN gekommen?“

EMIGRATE: „RAMMSTEIN ist eine großartige Band und Richard ein Gitarrist und Songschreiber, den ich sehr respektiere. Ich hatte die Hoffnung, dass er mir helfen könnte, meine eigenen Projekte umzusetzen und so bin ich auf ihn zugegangen. Er war sehr offen und interessiert an dem, was ich denke und tue.“

FRAGE: „Wenn man Sie zusammen sieht, ist man am Anfang schon ein wenig irritiert...“

EMIGRATE: „Man sagt, wir würden uns ähnlich sehen. Das finde ich eigentlich nicht. Jedenfalls: wir waren häufig zusammen unterwegs. Ich war sein Schatten, Richard wollte das so.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Manche Leute finden ihn am Anfang vielleicht ein bisschen unheimlich. Oft steht er nur an der Seite und schaut finster. Man spürt ihn oft eher, als dass man ihn sieht, seine Energie, seine Unruhe. Er tauchte mit der Zeit immer häufiger auf und wir haben zusammen viel Musik gehört und diskutiert. Ich fand EMIGRATE als Person interessant und habe auch sofort gemerkt: er versteht etwas von Musik.

FRAGE: „Wo liegen Ihre musikalischen Gemeinsamkeiten?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Wir mögen beide Musik, die eher düster ist, die frühen Jahre von Swans, Big Black, Ministry, aber auch klassische Rock Bands wie Led Zeppelin, AC/DC, oder Black Sabbath haben uns musikalisch geprägt.“

EMIGRATE: „Wir habe beide Vorlieben für Songwriter wie Trent Reznor, Martin Gore oder Jeff Buckley, ein Musiker, der schon früh gestorben ist.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Mich interessiert auch das Melodiöse in der Popmusik, das nicht selten bei harter Musik fehlt. Beide Elemente versuche ich miteinander zu verbinden“

EMIGRATE: „In diesem Punkt sind wir uns einig. Das ist das Besondere an der Musik von RAMMSTEIN: sie ist rough und zugleich sehr melodiös.“

FRAGE: „Wie hat sich ihre Freundschaft entwickelt? Das klingt alles sehr harmonisch!“

RICHARD Z. KRUSPE: „Es war manchmal auch recht anstrengend mit ihm. Wenn ein Song gelungen schien oder ein Konzert, kam er trotzdem mit Kritik um die Ecke. Ich habe ihm dann irgendwann den Rat gegeben, dass er sich selbst ausprobieren soll, dass er seine eigene Musik machen muss.“

EMIGRATE: „Nach einer Weile hatte sich bei mir etwas angestaut. Ich hatte den Eindruck, etwas radikal ändern zu müssen. Ich kam mit mir und mit Berlin nicht mehr so gut klar. Da entschloss ich mich, nach New York zu gehen.“

FRAGE: „Wie war der Anfang Ihrer Karriere?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Ich bin auf verschiedenen Wegen zur Musik gekommen. In meiner Heimatstadt Schwerin habe ich in der ersten Punkband mitgespielt, die es dort gab. Die hieß DAS ELEGANTE CHAOS. Ich stand irgendwann einfach im Proberaum der Band und habe mitgemacht. Ich war ziemlich laut, aber die anderen in der Band fanden das gut.“

FRAGE: „Sie haben auch eine klassische Musikausbildung...“

RICHARD Z. KRUSPE: “Stimmt. Ich bin in dieses Konservatorium in die Aufnahmeprüfung hinein marschiert und habe einen Song von UFO vorgespielt: „Dr. Dr. Please“. Die waren ziemlich überrascht, haben dann aber gesagt, ich könnte bleiben.“

EMIGRATE: „Ich wollte eigentlich nie die Musik von anderen Bands spielen. Das hat mich nicht wirklich interessiert. Ich habe einiges ausprobiert. Heute weiß ich: Musik ist das Medium, in dem ich mich am Besten ausdrücken kann. Richard versteht mich da sehr gut, glaube ich.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Musik zu schreiben, kann auch eine Art Therapie sein. Ich glaube, bei Dir ist das so.“

EMIGRATE: „Songs schreiben ist eigentlich mein Leben; ich werde krank, wenn ich nicht jeden Tag Musik machen kann. Ruhe ist nicht mein Ding. Wenn es gemütlich wird, drehe ich durch. Andere fahren in den Urlaub. Das ist O.K., aber ich kann das nicht. Andererseits: wenn ein Song dann gelingt, ist das für mich der schönste Moment überhaupt. Man fühlt sich fast wie frisch verliebt. Und man will dieses Gefühl immer wieder erleben.“

FRAGE: „Irgendwann haben Sie beschlossen, ein Album mit Ihren Songs aufzunehmen...“

EMIGRATE: „Es war für mich sehr wichtig, dieses Album zu produzieren. Der Rest der Welt war mir egal, ich habe das zuerst für mich getan. Das klingt vielleicht befremdlich, aber so war es nun einmal.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Ich habe ihn in der Idee bestärkt, dieses Album zu machen. Mich hat die Intensität, man könnte auch sagen Besessenheit, beeindruckt, mit der er dieses Vorhaben verfolgt hat.“

FRAGE: „Sie leben zumeist in verschiedenen Städten. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Orte, Klima und Menschen haben einen großen Einfluss auf mich. Bestimmte Musik kann ich nur an bestimmten Orten schreiben.

FRAGE: „EMIGRATE, Sie haben New York sogar einen Song gewidmet...“

EMIGRATE: „ Ohne New York hätte es das Album, hätte es EMIGRATE nicht gegeben. Etwas anderes schon, aber nicht EMIGRATE. In New York gab es sozusagen die Initialzündung. New York inspiriert mich, die Stadt hat eine magische Wirkung auf mich. Berlin dagegen erscheint mir oft destruktiv und kühl.“

FRAGE: „Wie erklären sie sich das?“

EMIGRATE: „Ich weiß nicht. Das hat vielleicht mit den vielen Toten zu tun.“

FRAGE: „???“

EMIGRATE: „In Berlin wurden nach dem Krieg viele Tote einfach so verscharrt, da, wo sie gestorben sind. Es war ja nicht genug Platz auf den Friedhöfen. Man kann manchmal spüren, dass sie noch unter dem Pflaster sind. Es gibt so Schwingungen, so einen kühlen Hauch in Berlin, manchmal. Es ist bestimmt auch kein Zufall, dass West-Berlin in den achtziger Jahren zu solch einer Drogenhochburg geworden ist. Im Osten hatte man den Alkohol. Die Menschen wollten in eine andere Welt entfliehen, etwas vergessen, sich betäuben.“

FRAGE: „Ihr Umzug von Berlin nach New York hat sich also schon eine Weile angebahnt?“

EMIGRATE: „In gewisser Weise war es doch auch eine spontane Entscheidung. An einem bestimmten Punkt wusste ich, ich muss weg, die Stadt tut mir nicht mehr gut. Ich habe alles hinter mir gelassen und praktisch von null angefangen.“

FRAGE: „Wann sind Sie nach New York gegangen?“

EMIGRATE: „Das war 1999. Als ich in New York ankam, kannte ich dort so gut wie keinen. Aber viele Orte waren mir vom ersten Moment an seltsam vertraut. Das ging mir auch mit den Menschen so. Manche Leute in Berlin halten Amerikaner für oberflächlich. Ich würde sie dagegen als offen bezeichnen. Offener als viele in Deutschland. In Berlin fühle ich mich zu Hause nicht einsam, dafür aber auf der Straße. In New York fühlt man sich draußen nicht einsam, man fühlt sich dort eher in seinen vier Wänden allein. Das hat etwas mit der Offenheit der Amerikaner im öffentlichen Leben zu tun. Amerika war immer ein Land der Mutigen, die etwas Neues anfangen wollten und auch ein Land der Kriminellen. Die Stadt ist von einem amoralischen Pioniergeist geprägt. Es gibt erst mal ein Versprechen für die Zukunft, eine Möglichkeit für jeden Neuankömmling.“

FRAGE: „Herr Kruspe, was dachten Sie, als ihr Freund nach New York gegangen ist?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Ich fand das spannend. Für mich kam das nicht in Frage. In Berlin sind viele meiner Freunde. RAMMSTEIN hat viel mit Berlin, mit der deutschen Sprache zu tun. New York erschien mir beim ersten Besuch wie ein Moloch. Aber klar: New York ist eine der schwierigsten und gleichzeitig schönsten Städte auf der Welt.“

FRAGE: „Hat sich für EMIGRATE der Schritt gelohnt?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Ja, beneidenswert: er sitzt da in einem alten Feuerwehrhaus in Manhattan und schreibt seine Musik! Ich habe ihn ein paar Mal dort besucht. “

FRAGE: „Warum heißt ihr Projekt EMIGRATE?“

EMIGRATE: „Im Hafen von New York sind ja viele Generationen von Einwanderern angekommen, die ihre ursprüngliche Heimat
hinter sich gelassen hatten und in dieser Stadt ihr Glück suchten. EMIGRATE hat für mich sowohl mit körperlichem als auch mit geistigem Auswandern zu tun. Ich war auch eine Weile auf der Flucht - vor mir und vor den `Schatten von Berlin`. Gott sei Dank kam ich nach New York. Die Stadt ist mein Asyl und mein Babylon. Sie hat mich gewissermaßen EMIGRATE getauft. Sie hat mich an den Kern dessen geführt, was ich tun will, wie ich leben will. Sie hat mich sozusagen fokussiert. New York funktioniert wie ein Filter für mich, der alles Unwichtige aussondert. Die Stadt ist auch voller Dramen und Geschichten. Das brauche ich, um kreativ zu sein. In meinem Haus in New York zum Beispiel bemerke ich eine spezielle Energie. Das klingt vielleicht komisch, aber man kann die Gespenster der Vergangenheit spüren, wie sie durch das Haus wandern.“

FRAGE: „Während RAMMSTEIN mit deutschen Texten arbeitet, schreibt EMIGRATE in Englisch...“

EMIGRATE: „Es war für mich nur natürlich, die englische Sprache zu benutzen. Wenn ich in New York bin, denke ich auf Englisch. Ich habe es nicht versucht, aber ich glaube, ich könnte in New York nicht auf Deutsch schreiben. Ich fühle mich hier sehr wohl in der englischen Sprache.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Deutsch ist eine klangvolle, tiefe Sprache mit vielen Nuancen. Meine Muttersprache. Ich bin eigentlich mit amerikanischer Musik groß geworden. Das sind meine Wurzeln, aber ich habe nach meinem ersten Besuch in Amerika gemerkt: ich muss etwas machen, was mit der deutschen Sprache, der deutschen Kultur verbunden ist. Wir haben dann RAMMSTEIN gegründet. RAMMSTEIN hätte niemals in Amerika, in New York entstehen können.“

FRAGE: „EMIGRATE, Ihr erstes Album ist sehr persönlich. War es schwierig, ihre Gefühle in Worten auszudrücken?“

EMIGRATE: „Nein. Es ist soviel passiert in meiner Anfangszeit in New York, dass ich das irgendwie verarbeiten musste. Ich wusste am Anfang gar nicht genau, wohin die Reise geht.“

FRAGE: „Können Sie jetzt genauer sagen, wohin die Reise geht?“

EMIGRATE: „Für mich gilt auch weiterhin das alte chinesische Sprichwort: `Der Weg ist das Ziel`.“

FRAGE: „Hilft es Ihnen bei der Entwicklung des Projektes EMIGRATE, dass Ihr Freund RICHARD Z. KRUSPE viele Erfahrungen mit RAMMSTEIN gesammelt hat? Anders gefragt: gibt er Ihnen den einen oder anderen guten Rat?“

EMIGRATE: „Sicherlich, er hilft mir schon ab und zu, die wichtigen Entscheidungen treffe ich jedoch selbst. Richard hat den Kontakt zum langjährigen RAMMSTEIN- Produzenten Jakob Hellner hergestellt, der als Co- Produzent für „Emigrate“ tätig war.“

FRAGE: „War dabei nicht die Gefahr gegeben, dass sich Ähnlichkeiten zum Sound von RAMMSTEIN ergeben?“

EMIGRATE: „Natürlich haben Jakob und ich gerade am Anfang darauf geachtet. Es war jedoch für mich bald klar, dass wir da etwas Eigenes machen würden. Jakob Hellner war über die Zeit der Produktion hinweg ein hilfreicher Gesprächspartner und Ratgeber, dessen Meinung wir uns eingeholt haben.“

FRAGE: „EMIGRATE, wer sind die Musiker, mit denen sie ihr erstes Album aufgenommen haben? Und wird es ein zweites geben?“

EMIGRATE: „Alles Freunde und gute Musiker: Arnoud Giroux (Bass), Henka Johannson (Schlagzeug), Olsen Involtini (Guitar), Sascha Moser (Programming). Es war eine natürliche und organische Zusammenarbeit, es herrschte wirklich eine gute Chemie zwischen den Leuten, die so noch nie zusammengespielt haben. Zum zweiten Teil der Frage: EMIGRATE ist ein langfristiges Projekt. Es gibt schon jetzt einige Ideen für ein zweites Album.“

FRAGE: „Sie singen selbst. War dies für Sie von vornherein klar?“

EMIGRATE: „Nein. Ich habe auch nach anderen Sängern gesucht. Aber ab einem bestimmten Punkt lief es darauf hinaus. Mein Freund Arnoud Giroux hat es mir klar gemacht: Du hast diese Songs für Dich selbst geschrieben, Du musst sie singen. Das ist der einzige Weg.“

FRAGE: „ Wenn man die Musik hört, denkt man sofort: das muss live gespielt werden... Werden Sie mit den Musikern, mit denen Sie das Album eingespielt haben, auch gemeinsam auftreten?“

EMIGRATE: „Die Idee existiert. Es ist schon ein großer Reiz für mich, mit EMIGRATE vor Publikum aufzutreten, aktuell gibt es jedoch keine Tourpläne. Auf der Platte spielen ja viel beschäftigte Musiker mit, die in verschiedenen Ländern leben und arbeiten. Das war schon für die Studioproduktion eine Herausforderung.“

FRAGE: „Welche Rolle spielen visuelle Aspekte für Ihre künstlerische Arbeit?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Für mich ist das sehr wichtig. Bei RAMMSTEIN haben wir diesbezüglich viel ausprobiert. Ich finde es zum Beispiel faszinierend, in eine andere Rolle, in einen anderen Charakter zu schlüpfen. Wenn ich die Chance hätte, würde ich gern mal etwas in dieser Richtung versuchen. Manchmal denke ich, in mir ist mehr als eine Person. Ich bin fasziniert von solchen Geschichten wie „DR. JEKYLL UND MR. HYDE.“

EMIGRATE: „Ich habe eine große Leidenschaft für Filme, für Kino. Ich glaube: auf die eine oder andere Art wird dies bei den öffentlichen Auftritten von EMIGRATE zu sehen sein - wo auch immer sie stattfinden werden.“

FRAGE: „Wo liegt der Unterschied in der Arbeit von EMIGRATE zu einer klassischen Band?“

EMIGRATE: „Einerseits kann ich recht frei entscheiden, wohin sich das Projekt entwickeln wird. Andererseits: die Reibung, der permanente kreative Input innerhalb solch einer Band wie RAMMSTEIN ist sicher sehr produktiv. Ich habe Richard oft darum beneidet...“

FRAGE: „Werden Sie beide einmal zusammenarbeiten, ein Album aufnehmen oder auch zusammen auftreten?“

EMIGRATE: „Ich hätte schon große Lust dazu, aber ich kann mir das gegenwärtig kaum vorstellen. Richard hat ja in der nächsten Zeit wieder mehr als genug mit RAMMSTEIN zu tun.“

RICHARD Z. KRUSPE: „Irgendwann - warum nicht? Wer weiß denn, was noch kommt!“

FRAGE: „Herr Kruspe, können Sie uns etwas zu der näheren Zukunft von RAMMSTEIN sagen?“

RICHARD Z. KRUSPE: „Ohne zu viel zu verraten: wir sind intensiv bei der Arbeit. RAMMSTEIN ist ein einzigartiges Projekt. Authentisch, kompromisslos nach außen und nach innen. Manchmal sorgen sich einige RAMMSTEIN-Fans um die Zukunft der Band. Denen kann ich versichern: RAMMSTEIN wird weitergehen, das ist sicher. Da ist für die nächste Zeit einiges zu erwarten.“

FRAGE: „Wir sind gespannt. Herr Kruspe, Mr. EMIGRATE, wir danken Ihnen sehr für das Gespräch.“

http://www.motormusic.de/motormusic/...tists/emigrate

Ich finde die Idee mit dem Zwiegespräch echt klasse! Hätte mir gewünscht noch mehr Interviews in der Art
zu lesen oder zu hören!

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:38 | nach oben springen

#2

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:24
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Focus 2007








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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:38 | nach oben springen

#3

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:29
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Noch ein Interview vom Focus 2007

FOCUS: Rammstein feiert weltweit Erfolge, doch der Gitarrist Richard Kruspe schlägt mit seinem Projekt Emigrate Solopfade ein. Hängt der Haussegen bei Rammstein schief? Ist Emigrate das Ende von Rammstein?

Kruspe: Nein, genau das Gegenteil ist der Fall. Emigrate hat mir meine innere Balance erhalten. Das Problem, das ich mit Rammstein hatte, war, dass ich eine andere Geschwindigkeit habe. Ich musste mich künstlerisch und räumlich von Rammstein distanzieren, um selber weiterzukommen. Viele Künstler suchen sich einen zweiten Spielplatz, weil sie sich innerhalb ihrer ersten Band nicht völlig ausleben können. Bei mir war das auch der Fall. Ich habe Emigrate begonnen, um meine überschüssige Energie kanalisieren zu können.

FOCUS: Ist Emigrate ein bisher unausgelebter Teil von Ihnen, ein musikalischer Ausritt in eine bisher unbekannte Welt?

Kruspe: Emigrate ist ein neues Projekt, eine neue Identität. Eine Identität, die schon lange auf mich gewartet und mehrfach an meine Tür geklopft hat. Eine Identität, die ich jahrelang verleugnet und verdrängt hatte.

FOCUS: Warum verdrängen Sie etwas, was Sie eigentlich doch wollen?

Kruspe: Wohl aus der Angst heraus, Verantwortung übernehmen zu müssen. Diese Angst existierte schon immer – aber ich war bisher noch nicht bereit, mich ihr zu stellen. Wahrscheinlich fehlte mir das nötige Selbstbewusstsein. Es ist wohl der Weggang aus Berlin nach New York 1999 gewesen, der mir den letzten Anstoß gegeben hat.

FOCUS: Sie haben gesagt, das Projekt Emigrate ist ein Neuanfang. Können Sie etwas Neues beginnen, ohne etwas Altes zu beenden?

Kruspe: Ich bin noch nie ein monogamer Mensch gewesen. Mein ganzes Leben ist schon von Dualität geprägt.

FOCUS: Ist das eher Segen oder Fluch?

Kruspe: Schwierige Frage. Ich denke, eher ein Fluch. Es ist einfacher, wenn man kompakt denken kann und weiß, wo man hingehört. Das macht es auch für die Menschen in deiner Umgebung einfacher, weil sie wissen, wie sie mit dir umzugehen haben.

FOCUS: 2001 gab es ziemlichen Krach bei Rammstein ...

Kruspe: Ja, und genau das war die Zeit, als ich gemerkt habe, dass auch ich neue Wege einschlagen muss.

FOCUS: Wäre Emigrate ohne die damaligen Schwierigkeiten mit Rammstein entstanden?

Kruspe: Auf jeden Fall wurde zu dieser Zeit Emigrate in meinem Kopf geboren. Einerseits gab es Reibungen innerhalb der Band, andererseits wollte ich aus Berlin weg, weil mir die Stadt zu destruktiv geworden war. Ich war einfach zu satt und zu müde. Wir hatten mit Rammstein so viel erreicht, und ich war hungrig nach Neuem.

FOCUS: Wie haben denn die anderen Bandmitglieder von Rammstein auf den Solotrip reagiert?

Kruspe: Die waren, glaube ich, froh, dass ich erst mal weg war, und haben das als eine gesunde Auszeit gesehen, sodass wieder etwas Ruhe in die Band einkehren konnte. Das war auch sehr wichtig. Irgendwann haben wir dann einfach aufgehört, darüber zu reden. Ich versuche, die beiden Projekte voneinander zu trennen. Wenn ich in New York bin, arbeite ich mehr für Emigrate, in Berlin für Rammstein.

FOCUS: Welche Seiten Ihrer Persönlichkeit können Sie bei Emigrate einbringen, die bei Rammstein fehl am Platz waren?

Kruspe: Auf jeden Fall meine eher romantische, weibliche und melancholische Seite.

FOCUS: Werden Sie in den nächsten Jahren permanent auf zwei Hochzeiten tanzen?

Kruspe: Ich kann nicht nur ein Teil einer Band sein, das reicht mir einfach nicht mehr. Das war schon lange ein Problem. Für mich können beide Projekte wunderbar koexistieren. Es ist genug Energie da.

FOCUS: Musikalisch orientiert sich Emigrate sehr am Industrial Rock von Rammstein, doch das Debütalbum enthält viele lyrische und sehnsüchtige Elemente.

Kruspe: Ich habe zu Beginn von Emigrate nicht darüber nachgedacht, wo ich künstlerisch genau hinwill. Ich wäre auch zu eingeschränkt gewesen, wenn ich zu viele Konzepte und Ideen im Kopf gehabt hätte. Ich habe allerdings bemerkt, dass ich bei Rammstein und Emigrate ganz unterschiedlich an die Musik herangehe. Bei Rammstein muss ein Song anfangs auch ohne Gesang funktionieren, weil dieser erst später dazukommt. Bei Emigrate habe ich gleich von Beginn an die Stimme in den Song integriert, wie beim klassischen amerikanischen Songwriting.

FOCUS: Welche Rolle hat Ihr „Emigrieren“ aus Deutschland nach New York bei der Produktion von Emigrate gespielt?

Kruspe: Es ist zum Thema des gesamten Albums geworden, dieses Fremdsein, diese Freiheit. Die Oberflächlichkeit, die man Amerikanern oft unterstellt, habe ich als gesunde Offenheit empfunden. Du bist Außenseiter und kannst ganz unbefangen dort leben.

FOCUS: Halten Sie bei Emigrate allein die Zügel in der Hand und bestimmen, wo es langgeht?

Kruspe: Ich kann immer ein Veto einlegen und sagen, das und das gefällt mir nicht. Das ist mir sehr wichtig. Es ist komplett anders als bei Rammstein. Das liegt an den Hierarchien. Rammstein ist immer eine sehr demokratische Angelegenheit.

FOCUS: Welche Bedeutung hat für Sie der kommerzielle Erfolg von Emigrate?

Kruspe: Ich war am Ende selbst erstaunt, wie eingängig und eben doch kommerziell das Album geworden ist. Ich hatte vermutet, es würde finsterer klingen. Klar hat Musik wie jede Kunstform einen egoistischen Anspruch. Da lass ich mir auch von keinem reinreden. Ich hatte gedacht, dass Emigrate eher meine dunkle Seite zum Tragen bringen würde und dass ich musikalisch auch so rüberkomme, aber vielleicht ist das einfach nicht der Fall. Es hat schon seinen Sinn, dass es so klingt, wie es klingt.

FOCUS: Bei Emigrate gibt es zwei große Unterschiede zu Rammstein: Sie singen selbst – und das auf Englisch. Wie kam es dazu?

Kruspe: Ich habe anfangs über eine Zusammenarbeit mit anderen Sängern für Emigrate nachgedacht, bis unser Bassist Arnaud Giroux sagte: Du hast die Songs geschrieben, also musst du sie auch singen. Da Emigrate in New York entstanden ist, hat es sich für mich ganz natürlich angefühlt, für Emigrate englische Texte zu schreiben.

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:39 | nach oben springen

#4

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:34
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Emigrate

Dass Richard der erste Rammsteiner sein würde, der mit einem Soloalbum daherkommt, war klar. Der Mann hat ein ausgeprägtes Ego, braucht als Kreativer und Songwriter von je her problematisch viel Platz innerhalb der Band und hat sich durch sein Leben in New York auch räumlich am weitesten aus dem Rammstein-Kosmos herausgewagt. Jetzt kann endlich raus, was anderswo zur Verstopfung geführt hätte.

Und um das gleich zu Anfang zu klären: "Emigrate" ist KEIN Rammstein-Album.

Zwar ist das große R. beim ersten Durchhören immer noch nun mal treibende Kraft in dieser Kapelle und kann und muss deshalb gar nicht komplett anders klingen. Im Gegenteil! Kruspe ist auch einer der wenigen Musiker, bei dem diese Verwandtschaft eben kein Plagiat ist, sondern in der Natur der Sache liegt. Das kann man doch mitnehmen!
Obwohl bei der Produktion auf die altbewährten Strukturen des Mutterschiffes (Produzent, Team, Management) zurückgegriffen wurde, schwimmt sich Emigrate frei. Kruspe singt englisch - er singt er selbst - und das macht er gut! Die Abteilung "Wahnsinn, Kunst und Avantgarde" bleibt bei Emigrate geschlossen. Hier ist nichts absurd und es gibt nichts zu lachen. Das Ganze ist "more Basic" und soweit das bei Bombast möglich ist, recht bodenständig. Gute Refrains, dynamische Arrangements, auffällig geschmackvolle Frauen-Chöre. Beim Song "New York City" rocken Emigrate so klassisch, dass man zwischendurch sogar mal ganz kurz an die Stones, AC/DC und die Sisters Of Mercy denkt. Cool!

"Emigrate" ist ein in jeder Hinsicht grundsolides dunkles Rock-Album. Es schlägt keine Türen auf, die nicht schon offen waren, aber es dreht sich auch nicht eine Stunde lang nur im Kreis und um sich selbst. Wer gehofft hat, dass Emigrate beweist, dass Richard Z. Kruspe ohne Rammstein nicht kann, der wird bitter enttäuscht. Wenn man dann auch noch bedenkt, wie unfassbar viel Schrott in der Abteilung "Soloalben" steht, steht man kurz auf und zieht seinen Hut. Kruspe kann was. Nur eben nicht alleine Rammstein sein. Muss er auch nicht. Will er auch nicht.


Text: Yessica Yeti
quelle: motor.de | 04.09.2007

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:39 | nach oben springen

#5

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:35
von Tillmania | 7.403 Beiträge

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:40 | nach oben springen

#6

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 17.03.2008 17:39
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Rock Hard 2007




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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:40 | nach oben springen

#7

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 18.03.2008 10:05
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Richard Z. Kruspe Emigrade/Rammstein

Here We Go!


Iceman: „Hallo Richard! Viele Leser von uns haben schon von EMIGRATE´s Single „My World“ gehört und sind begeistert, was können die Leser, die EMIGRATE noch nicht kennen, erwarten?“

Richard Z. Kruspe: „Im Grunde genommen brauche ich EMIGRATE als Ausgleich für meine Person, um einfach wieder Spaß bei RAMMSTEIN haben zu können.
Das Problem war, dass ich mich über die Jahre mehr und mehr unwohl gefühlt habe innerhalb der Band.
Mit EMIGRATE hat sich wieder eine Balance hergestellt, die wichtig war.
Dadurch geht es mir mit RAMMSTEIN wieder gut. Wir sind gerade dabei, ein neues Album zu schreiben und haben lange nicht mehr so eine entspannte Situation erlebt, in der wir wirklich miteinander klarkommen.
Wir haben wieder Spaß am Spiel, auch die Energie, die wir am Anfang mit RAMMSTEIN hatten, ist wieder da, weil ich einfach Gitarrist sein kann."

Iceman: „Jetzt mal was ganz anderes, wir Berliner kennen ja nun alle unsere „Leber aus Beton“ (Harald Juhnke R.I.P.) und der hat mal gesagt: „Is ejal mit wat, Hauptsache man is inne Medien!“
Ich spiel damit auf eure „Sensationsmeldung“, diese Trennungsgerüchte an, das Till angeblich aussteigen will, wie war das für Dich als Du davon erfahren hast?“

Richard Z. Kruspe: „Zu der Zeit waren wir alle zusammen an der Ostsee und haben an dem neuen Album gearbeitet. Die Stimmung war klasse, wir haben es gar nicht für voll genommen, als diese Nachricht kam. Es ist einfach nur Blödsinn, da hat sich jemand einen Scherz erlaubt.“

Iceman: „Also das „übliche Sommerpresseloch“, man muss ja irgendwas schreiben, hm?“

Richard Z. Kruspe: „Nicht unbedingt, ich glaube die Meldung kam aus Amerika, nicht aus unserer Ecke. Da hat jemand eine offiziell aussehende Mitteilung in unserem Namen verschickt.“

Iceman: „Aber von wem das kam wisst ihr auch nicht?“

Richard Z. Kruspe: „Von irgendeiner amerikanischen Internetseite, keine Ahnung. Wir haben versucht, das herauszubekommen, aber es war irgendeine E-Mailadresse, die man nicht nachvollziehen konnte!"

Iceman: „ Was hast Du vor? Willst Du mit EMIGRATE nebenbei noch auf Tour gehen?“

Richard Z. Kruspe: „Ich habe das vor aber ich muss ganz klar sagen, dass die Prioritäten bei RAMMSTEIN liegen momentan, wir schreiben an einem neuen Album, da ist meine Mitarbeit gefragt.“

Iceman: „ Was hast Du vor? Willst Du mit EMIGRATE nebenbei noch auf Tour gehen?“

Richard Z. Kruspe: „Ich habe das vor aber ich muss ganz klar sagen, dass die Prioritäten bei RAMMSTEIN liegen momentan, wir schreiben an einem neuen Album, da ist meine Mitarbeit gefragt.“

Iceman: „Ok, kannst Du uns denn schon verraten wie das neue Album heißen wird und wann es erscheint?“


Richard Z. Kruspe: „Mit dem Namen ist es immer schwierig bei uns, der kommt meistens ganz am Schluss. Mit dem Erscheinungsdatum sind wir gerade, Gott sei Dank, in der Situation, dass wir uns den Luxus erlauben können, zu sagen: „Es erscheint wenn es fertig ist!“!

Iceman: „Ok, Richard! Dann lassen wir uns überraschen wann es erscheinen wird! Ich danke Dir und gibt es noch etwas das Du unseren Lesern sagen möchtest?“

Richard Z. Kruspe: „Don’t believe the hype!“

Quelle: http://www.heavy-metal-heaven.de

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:41 | nach oben springen

#8

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 18.03.2008 10:09
von Tillmania | 7.403 Beiträge
Nuclear Blast 2007




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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:41 | nach oben springen

#9

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 18.03.2008 10:11
von Tillmania | 7.403 Beiträge

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zuletzt bearbeitet 20.03.2008 19:42 | nach oben springen

#10

RE: Interviews und Berichte

in Emigrate 20.03.2008 19:06
von Emigrate Lindemann | 8.646 Beiträge

zu:
ZWIEGESPRÄCH EMIGRATE - RICHARD Z. KRUSPE

also ich muss sagen das es echt klasse gelungen ist einer meiner lieblings "interwivs (oder wie das auch immer geschrieben wird^^)
auch lustig gemacht ich lese es immer wieder gern


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